Bypass Schaltung

Basiswissen: hydraulische Schaltungen im Überblick

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Betreiber und Besitzer von Gebäuden, die bestehende Heizungsanlagen modernisieren wollen, versprechen sich davon in erster Linie eine optimale Anlagenfunktion und daraus resultierend auch niedrigere Heizkosten. Damit aber moderne Heizungstechnologien wie Wärmepumpen oder Brennwerttechnik ihr volles Potenzial ausschöpfen können, muss die Anlagenhydraulik richtig geplant und umgesetzt werden – denn sie bildet die Grundlage dafür, dass eine Heizungsanlage effizient funktioniert. Hierfür ist ein Basiswissen unverzichtbar: Welche hydraulischen Schaltungen stehen grundsätzlich zur Wahl? Was sollte bei der jeweiligen Schaltung beachtet werden? Für welchen Einsatz eignen sich die jeweiligen Schaltungen und mit welchen Regelarmaturen werden sie umgesetzt? Dieser Fachbeitrag gibt Auskunft.

Was ist eine hydraulische Schaltung und wofür wird sie benötigt?

Eine hydraulische Schaltung bezeichnet die Verbindung von Erzeugerkreis, Wärmeverteilung und Verbraucherkreis zu einer funktionsfähigen Heizungsanlage. Sind die einzelnen Komponenten im Heizkreis richtig angeordnet, sorgfältig miteinander kombiniert und ideal aufeinander abgestimmt, kann die Anlage energieeffizient arbeiten und die Nutzer genießen den Komfort ideal temperierter Räume. Die hydraulische Schaltung ist also das Bindeglied zwischen Regelungstechnik und Anlagentechnik und sorgt dafür, dass das Heizwasser richtig temperiert, gemischt und verteilt wird – vom Wärmeerzeuger bis zum Verbraucher und zurück. Zusätzlich erfüllt eine hydraulische Schaltung viele weitere Aufgaben:

  • Regelung von Teillastzuständen, da in Deutschland nur sehr selten die volle Heizlast einer Anlage ausgeschöpft wird (96% der Heizperiode im Teillastbetrieb)
  • Reduzierung von Verteilverlusten
  • Absenkung des Temperaturangebots
  • Einstellung von variablen Betriebs- und Nutzungszeiten
  • Möglichkeit zur Systemtrennung und Entkopplung einzelner Erzeuger- oder Abnehmerkreise, beispielweise bei Mehrkesselanlagen
  • Management der Energiespeicherung (Puffer)
  • Heizkesselschutz durch kontrollierte Regelung der Rücklauftemperatur

Merke: Die Anlagenhydraulik bestimmt das Regelergebnis und die Regelgüte!

Verschiedene hydraulische Schaltungen – die richtige Lösung finden

Fußbodenheizung oder Heizkörper, Wärmepumpe oder Gasbrennwertheizkessel, Einfamilienhaus oder Hotel: Je nach Heizkomponenten und Einbausituation variieren die Anforderungen an die Heizwassertemperierung und -verteilung. Um diese zu erfüllen, gibt es unterschiedliche hydraulische Schaltungen, die sich für die verschiedenen Anwendungsfälle mehr oder weniger gut eignen.

Grundsätzlich wird zwischen einer mengenkonstanten und einer mengenvariablen Schaltung unterschieden, wobei letztere heutzutage eine untergeordnete Rolle spielt. Bei ihr bleibt die Temperatur konstant. Für die Temperaturregelung wird stattdessen, wie der Name schon sagt, die Menge – also der Volumenstrom – variiert. Hier finden beispielsweise Drossel- und Umlenkschaltungen Anwendung, beide sind jedoch nur noch selten im Einsatz.

Gängiger und sinnvoller ist ein mengenkonstanter Betrieb, bei dem der Volumenstrom konstant bleibt und die Vorlauftemperatur angepasst wird. Hier muss der Installateur folgende Schaltungen kennen: Beimischschaltung, Bypass-Schaltung, Einspritzschaltung und hydraulische Weiche. Doch welche Aufgaben erfüllen diese Schaltungen, wo werden sie eingesetzt und welche Gefahren lauern bei ihrer Anwendung?

Weit verbreitet und universell: Die Beimischschaltung

Die am häufigsten eingesetzte Schaltung ist die Beimischschaltung, da mit ihr die Verbraucherheizkreise bedarfsgerecht und gemäß ihrer Temperaturanforderung geregelt werden können.

Für die Regelung wird zum heißen Kesselvorlauf ein variabler Teilstrom aus dem Rücklauf des Verbraucherkreises beigemischt. Über das Mischverhältnis aus Kesselvorlauf und Heizkreisrücklauf ergibt sich der variable, an die jeweiligen Erfordernisse angepasste, sogenannte Heizungsvorlauf. Schwanken die Temperaturen von Wärmeerzeuger oder Pufferspeicher, kann dies durch eine Anpassung der Beimischung leicht ausgeglichen und eine gradgenaue Heizungsvorlauftemperatur erreicht werden. Insgesamt überzeugt die Schaltung durch eine gute Regelfähigkeit, da die Regelstrecke über Vorlauftemperturfühler sehr gut beherrschbar ist. Durch den variablen Heizungsvorlauf sind im Teillastbetrieb angepasste, niedere Vorlauftemperaturen möglich und Verteilverluste werden minimiert.

Bypass-Schaltung – die richtige Wahl bei Flächenheizungen

Die Bypass-Schaltung („feste Beimischschaltung“) ist eine Abwandlung der Beimischschaltung und ergänzt diese um einen fixen Bypass. Über diesen wird ein Teil des Rücklaufs standardmäßig wieder zum Vorlauf hinzugefügt. Eingesetzt wird diese Variante, wenn es zu stark abweichenden Temperaturen einzelner Mischkreise oder des Kesselkreises kommt. Dies ist vor allem bei Flächenheizsystemen mit niedrigen Vorlauftemperaturen und starken Vorlauftemperaturabweichungen zu weiteren Mischkreisen der Anlage der Fall.

Der Bypass wird dabei so eingestellt, dass bei voll geöffnetem Stellglied und zugleich maximaler Kesseltemperatur die maximale Soll-Vorlauftemperatur erreicht wird. Dadurch ist der Bypass zugleich eine hydraulische Übertemperaturabsicherung.

Im Einsatz bei Lufterhitzern und Heizregistern: Die Einspritzschaltung

Für den Einsatz bei Lufterhitzern und Heizregistern von RLT-Anlagen, die mit Außenluft beaufschlagt werden, empfiehlt sich unbedingt die Einspritzschaltung. Diese zeichnet sich aus durch zwei Pumpen im Vorlauf, ein Durchgangsventil im Rück- oder gegebenenfalls auch im Vorlauf und je einen Bypass vor und nach dem Regelventil.

Bei der Einspritzschaltung wird das heiße Vorlaufwasser über den zweiten Bypass immer mit abgekühltem Rücklaufwasser gemischt. Je nach Ventilstellung variiert die Temperatur im Verbraucherkreislauf, während der Volumenstrom im Heizregister konstant bleibt. Von Vorteil ist bei dieser Schaltung vor allem die niederstmögliche Rücklauftemperatur und die gleichmäßige Wärmeverteilung über das ganze Heizregister, die eine optimale Zulufttemperaturmessung ermöglicht.

Hydraulische Weiche für Herausforderungen bei Mehrkesselanlagen oder multivalenten Systemen

Die hydraulische Weiche findet ihre Anwendung meist im Bereich von Mehrkessel- und Multivalenzanlagen, um Erzeuger- und Abnehmerkreise zu entkoppeln. In Verbindung mit der Regelungstechnik kann ein Weichentemperaturfühler unterschiedliche Volumenströme zwischen Wärmeerzeuger- und Verbraucherkreisen und die sich damit verändernden Vorlauftemperaturen erkennen. Daraus lassen sich verändernde Lastzustände ableiten und entsprechene Maßnahmen, wie z.B. das Zuschalten einer Brennerstufe, eingeleitet werden.

Wird ein Wärmeerzeuger nicht benötigt, kann er abgeschaltet und hydraulisch aus dem Netz ausgekoppelt werden, ist dann also hydraulisch abgesperrt. Das entspricht den allgemein anerkannten Regeln der Technik, wonach Wärmeerzeuger in Mehrkesselanlagen nach ihrer Abschaltung nicht mehr hydraulisch durchströmt werden dürfen.

Ziel ist ein optimales Wärmeerzeugermanagement: Kein Wärmeerzeuger und keine Brennerstufe darf unnötig in Betrieb sein, sie dürfen aber bei Bedarf auch nicht ausgeschaltet bleiben.

Tipp: Im Falle von Brennwertnutzung muss bei der hydraulischen Weiche unbedingt auf niedere Rücklauftemperaturen geachtet werden: <57°C bei Erdgas und <47°C bei Heizöl!

Armaturen-Auswahl: Mischen oder Verteilen? Drei- oder Vier-Wege?

Alle hydraulischen Schaltungen können mit verschiedenen Armaturen umgesetzt werden. Dabei muss der Installateur oder Planer zunächst grundsätzlich wissen, wann ein Mischer und wann ein Ventil eingesetzt wird. Letztlich ist das immer eine Frage der Anordnung. Ist die Pumpe nach dem Stellglied angeordnet, kann ein Mischer eingesetzt werden. Befindet sie sich vor dem Stellglied, ist ein Ventil die richtige Wahl. Grundsätzlich ist ein Ventil „dichter“ als ein Mischer, das heißt die Leckrate (interne Leckage) ist geringer.

Ganz konkret stellt sich bei der Planung und Ausführung in diesem Zusammenhang die Frage: Wie unterscheiden sich 3-Wege-Stellglied (als Mischer oder Ventil) und ein 4-Wege-Mischer und für welche Zwecke wird welche Armatur eingesetzt? Denn beide sorgen in den Verbraucherkreisen für variable Vorlauftemperaturen bei konstantem Volumenstrom sowie für eine gleichmäßige Wärmebeaufschlagung der Verbraucher. Unterscheiden lassen sie sich aber durch ihren Einfluss auf die Rücklauftemperatur: Ein 3-Wege-Stellglied verhindert eine Rücklauftemperaturanhebung und eignet sich daher ideal für den Einsatz in modernen Heizanlagen mit Brennwertnutzung und Pufferspeicher. 4-Wege-Mischer sind inzwischen hingegen durch die Rücklaufanhebewirkung im Teillastbetrieb in modernen Anlagen nicht mehr die richtige Wahl – denn heute sind allgemein niederste Rücklauftemperaturen gefordert.

Was es bei der Planung zu beachten gilt

Neben der Wahl von Schaltung und Armatur ist abschließend auch deren richtige Dimensionierung wichtig. Hier gilt grundsätzlich: Keep it easy and simple! Die Anlagenhydraulik sollte immer klar strukturiert und für Dritte nachvollziehbar geplant und stabil in ihrer Funktion aufgebaut werden.

Überdimensionierte Anlagen sind leider weit verbreitet – dabei könnte dies durch eine korrekte Planung und Berechnung vermieden werden. Sind die Stellglieder richtig dimensioniert, ermöglicht dies

  • eine gute Ventilautorität und
  • die volle Nutzung des Stellbereichs von Mischer oder Ventil.

Da Heizungen oft nur während vier Prozent einer Heizperiode ihre volle Heizlast ausschöpfen, ist eine korrekte Dimensionierung eminent wichtig, damit auch kleine Leistungen im Teillastbetrieb stabil ausgeregelt werden können. Das ist gerade in der Übergangszeit ein entscheidender Aspekt.

Ohne hydraulischen Abgleich geht es nicht

Um die Anlage bestimmungsgemäß, störungsfrei und energetisch optimal zu betreiben, ist ein hydraulischer Abgleich nach Abschluss der Montagearbeiten unverzichtbar. Wird er nicht durchgeführt, kommt es zur Über- oder Unterversorgung der Verbraucher – ob Fußbodenheizkreise, Heizkörper oder Lufterhitzer. In der Folge sinkt sowohl die Energieeffizienz der Gesamtanlage als auch der Komfort für den Nutzer, denn die Raumtemperaturen lassen sich nicht mehr genau einstellen und es treten störende Fließgeräusche auf.

Festhalten lässt sich: Bei der Wahl der richtigen Schaltung und bei ihrer Dimensionierung sollte sorgfältig vorgegangen werden und am Ende darf der hydraulische Abgleich der Gesamtanlage nicht vergessen werden.

Sind diese Grundlagen erfüllt, können moderne Wärmeerzeuger gemäß ihrer Bestimmung effizient arbeiten und ihr Potenzial voll ausschöpfen. So bringt die Investition in eine neue Heizungsanlage für den Nutzer auch das erwünschte Ergebnis.

Autor:

Jürgen Lutz ist Leiter des Seminar- und Schulungswesens Heiztechnik bei Resideo, dem Hersteller von Honeywell Home Produkten. Er arbeitet im Standort Schönaich.

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